Übergriffe der Polizei / Widerstand gegen die Staatsgewalt: Freispruch!

Widerstand gegen die Staatsgewalt : Freispruch!


Daniel A. ist österreichischer Staatsbürger und hatte noch nie Probleme mit der Polizei. Doch an einem Sommertag kam alles anders: Daniel A. wurde im Rahmen einer Verkehrskontrolle gestoppt. Es entwickelte sich ein Streitgespräch über die Reifen des PKW. Währenddessen parkte seine Lebensgefährtin den Wagen kurz um, da der PKW die Straße blockierte. Daniel A. suchte in seiner Geldbörse nach seinem Führerschein. Als er ihn nicht fand, ging er Richtung des umgeparkten Fahrzeugs. Was nun geschah ist laut zwei Augenzeugen, die zufällig anwesend waren, unstrittig: Die diensthabenden Polizisten hatten das Umparken nicht mitbekommen und deutenden dies als Fluchtversuch. Unter dem Ruf „wohin geht das Arschloch“ stürzten sich zuerst drei, dann fünf Polizisten auf ihn. Er wurde – so die Augenzeugen – zunächst an einer Hauswand fixiert und mit Faustschlägen und Knietritten so fest misshandelt, dass einer der Polizisten nachher offene Verletzungen auf seiner Rückhand hatte. 

Daniel A. wurde festgenommen und dann 12 Stunden im Arrest angehalten. Da erwartete ihn eine handfeste Überraschung: Er erfuhr, dass er nun wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt und versuchter schwerer Körperverletzung angeklagt ist. Daniel A. sollte sich im Rahmen seines "Fluchtversuchs" angeblich umdreht haben und dann einen Faustschlag gegen die Schulter eines Polizisten gesetzt haben. 

Übergriffe scheinen sich zu häufen

In unserer Praxis ist diese Vorgehensweise leider keine Seltenheit: Erst im November 2019 konnten wir gegen die Aussagen von fünf anderen Polizisten einen bedeutenden Sieg beim Verwaltungsgericht Wien erringen, als ein Polizist einen Rumänen in seinem eigenen Geschäft unrechtmäßig festnahm und misshandelte – wie die Kameraaufnahmen nahelegen. Auch hier wurde das Opfer vom Polizisten schließlich erst im Nachhinein beschuldigt, eine versuchte schwere Körperverletzung und Widerstand gegen die Staatsgewalt begangen zu haben. Aufgrund der Videoaufnahmen erklärte das VwG Wien im November 2019 mittels mündlicher Verkündigung, dass die Festnahme und später Anhaltung zu Unrecht erfolgten. 

„Wie kann man ein Verfahren gegen sechs Polizisten gewinnen?"

Im Fall von Daniel A. erwies sich die Beweislage äußerst schwierig, da das vorhandene Videomaterial nicht die entscheidenden Momente betraf. Es mussten daher nach alter Manier die Widersprüche der sechs Polizisten herausgearbeitet werden und die Glaubwürdigkeit der beiden unabhängigen Augenzeugen verteidigt werden. 

In der Befragung kam schließlich interessantes hervor: Argwohn erregte, dass die Aussagen der sechs Polizisten bei der Befragung vor der Polizei extrem ähnlich waren. Eine Polizistin, welche selbst nicht beschuldigt war, und daher nur eine Zeugin war, gestand schließlich nach intensiver Befragung durch uns, dass alle Aussagen in einer Art „Gruppenarbeit“ von den beteiligten Polizisten erstellt worden war, wobei sie selbst daran teilgenommen hatte. 

Der Schlüssel: Gute Vorbereitung und beherzte Verteidigung!

Überraschend war schließlich, dass zwei der Polizisten unter dem Druck der Befragung ihre Aussagen zurückzogen und schließlich meinten, lediglich einen Ausschlag von Daniel A. nach hinten wahrgenommen zu haben, nicht hingegen wie – laut ursprünglicher Aussage – einen echten Faustschlag gegen die Schulter.

Beide Augenzeugen bestätigten hingegen in aller Deutlichkeit, dass es auch keinen Ausschlag nach hinten gab, sondern die Polizisten die Situation erst falsch gedeutet hatten und dann völlig überreagierten. Beide Augenzeugen war vor Gericht sichtlich erbost darüber, dass Daniel A. überhaupt angeklagt worden war. 

Im Schlussplädoyer konnten wir in aller Deutlichkeit die Beweisergebnisse zusammenfassen und angesichts der deutlichen Aussagen der beiden Augenzeugen wie auch der übereinstimmenden Verantwortung und auch Aussage der Lebensgefährtin, dass es sicher keinen Faustschlag gegen den Polizisten gab. Hingegen hatte die Polizei sich durch das Eingeständnis einer Polizistin, sämtliche Aussagen in einer Gruppenarbeit koordiniert zu haben, gezeigt, dass ihre Version unglaubwürdig war. Hinzu kam, dass zumindest zwei Polizisten schließlich ihre Aussagen revidierten. So kam es schließlich wie es kommen musste: Der Richter sprach den Angeklagten frei. 

Wichtig: Fristen nicht verpassen und alle Maßnahmen ergreifen!

Ärgerlich war vorliegend, dass wir erst einige Zeit nach dem Vorfall mit der Vertretung beauftragt wurden. Zu dieser Zeit waren die Fristen für die Maßnahmenbeschwerden bereits abgelaufen. Die Festnahme und auch die Anhaltung konnten daher nicht mehr bekämpft werden. 

Wichtig ist daher, sich sofort nach einer rechtswidrigen Festnahme noch am gleichen Tag mit dem Anwalt in Verbindung zu setzen, damit alle Beschwerdemittel noch offen sind. 

Wir sind für Sie im Ernstfall unter der Notfall-Hotline 06507283562 erreichbar. 
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